Familie Schlegel über die Zeit mit Win, ihrem Gastschüler aus Thailand

Eigentlich hatten wir schon länger mit dem Gedanken gespielt, einmal ein Gastkind bei uns aufzunehmen. Aber mit drei eigenen Töchtern im Teenager-Alter waren wir immer recht beschäftigt und haben das Vorhaben deswegen immer in die Zukunft verschoben. Dann hat aber der Zufall zugeschlagen. In unserem Dorf – Hedersleben – findet jedes Jahr im Sommer das vierwöchige Vorbereitungsseminar für die internationalen Gastschüler von Partnership International e.V. statt. Die Jugendlichen kommen an den Wochenenden regelmäßig zu uns in die Kirche, besuchen den Gottesdienst, singen einige Lieder oder probieren sich an unserer Orgel. Dadurch haben wir mitbekommen, dass ein junger Thailänder kurzfristig noch eine Gastfamilie sucht. Da haben wir uns kurz besprochen und einfach „Ja“ gesagt. So kam Win dann zu uns und wir haben die Entscheidung nie bereut.

Win kam dann Anfang September zu uns und brauchte erst einmal ein paar Wochen, um sich ganz einzugewöhnen. Die Umgebung kannte Win ja schon, da er die letzten vier Wochen in Hedersleben verbracht hatte. An unser Haus, unser Familienleben und auch an den Schulalltag musste er sich aber erst einmal herantasten. Win hat sich sehr angestrengt, möglichst bald Deutsch zu sprechen. An der Schule hat er erst einmal nur den Deutschunterricht der unteren Klassen besucht und er hat zweimal in der Woche Abends noch einen Deutschkurs im Nachbarort besucht. So konnten wir uns bald auf Deutsch anstatt auf Englisch unterhalten.

Uns war es vor allem wichtig, dass wir Win behandeln wie unsere eigenen Töchter und ihm gegenüber genauso herzlich sind. Das haben wir gezeigt, indem wir ihn auch einfach mal umarmt oder ihm zugehört haben, wenn er traurig wirkte. Jedes Gastkind wird im Laufe des Austauschjahres einmal Heimweh haben. Manche können das zeigen, andere weniger. Doch man sollte auf kleine Zeichen achten, das Gastkind offen ansprechen und ihm dann auch zuhören.

Win hatte bei uns im Haushalt auch feste Aufgaben und Pflichten, genau wie unsere Töchter. Für Win war es besonders schön, wenn er für uns kochen durfte. Das hat ihm das Gefühl gegeben, richtig zu unserer Familie zu gehören und geschmeckt hat es auch richtig gut.

Neben dem Familienleben haben wir Win aber auch seine Freiheiten gelassen. Zum Beispiel hatte Win sehr viel Spaß daran, seine Haare in allen möglichen Farben zu färben – eine Freiheit die er in Thailand nicht ausleben kann. Dort trägt man die Haare wegen der Schulregeln raspelkurz. Wir hatten viel Spaß daran, zu sehen, wie Win sich über seine langen, bunten Haare freute.