Ruhe in Frieden, Queen Elizabeth!
Zwei Wochen, nachdem ich in England ankam, starb Elisabeth die Zweite, von Gottes Gnaden Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und ihrer anderen Königreiche und Territorien, Oberhaupt des Commonwealth und Verteidigerin des Glaubens (wie ihr kompletter Titel lautete). Da dies ein Moment war, in dem man das Vereinigte Königreich und seine Kultur noch einmal von einer ganz anderen Seite kennenlernt, möchte ich meine Beobachtungen und Erfahrungen hier mit euch teilen.
Der Tag, an dem die Queen von uns ging
Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich am Abend des 8. Septembers runter zu meiner Gastmutter in das Wohnzimmer ging, wo sie auf der Couch mit ihrem Hund saß, und wir gemeinsam Tee tranken. Wir redeten eine Weile über alles mögliche und kamen unter anderem auch auf das Thema Queen zu sprechen. Es machten sich nämlich schon seit Tagen Gerüchte in den britischen Medien breit, dass es um den Gesundheitszustand der Monarchin nicht so gut stände. Meine Gastmutter sprach etwas darüber und erzählte mir, dass sie sehr auf eine schnelle Genesung hoffe. Nur wenige Minuten später klingelte ihr Telefon. Die Queen war von uns gegangen. Der restliche Abend gehörte zahlreichen Telefonaten und dem BBC, der ein extra Programm zum Gedenken ihres Lebens brachte. Wenn man mich jedoch fragt, was das wohl Eindrücklichste des Abends war, dann wohl das Gesicht meiner Gastmutter und ihre tiefe Trauer, die mich, als Person, die nie in einer Monarchie lebte, schwer beeindruckte. Später erzählte sie mir, dass man in diesem Moment spürte, wie eine lange Ära endete, in der, auch wenn man ihr nie begegnete, Queen Elisabeth immer dabei war.
Die Tage danach …
Am nächsten Tag waren alle Fahnen auf Halbmast (auch an den Masten, an denen zuvor nie eine Fahne hing). In der Schule gehörte die erste Schulstunde dem Leben der Queen. Auch wurde uns eine Sprechstunde mit einer Art Schulpsychologin angeboten, falls man sich – ich zitiere – „lost“ fühlt. Ging man über den Schulhof, war jedes zweite Wort, das einem entgegen kam, „Queen“, und die Stimmung sehr gefasst. In den Wochen danach waren die Schaufensterpuppen in den Läden in Schwarz gekleidet und in jedem Geschäft hing eine Gedächtnistafel zu Ehren der Queen. Das BBC-Logo sowie das Google-Logo und zahlreiche andere waren komplett schwarz. Ein Moment, der mich besonders beeindruckte, war, als ich ungefähr eine Woche nach dem Tod der Queen in dem Ort, in dem ich lebe, spazieren ging und eine gehäkelte Version der Queen sah, die über einem Stab im Boden gezogen war. Der Kopf hing herunter, da die Wolle nicht stark genug war um ihn zu halten. Dies war auch einem kleinen Mädchen aufgefallen (ich schätze sie um die fünf Jahre), die nun daneben stand und vergeblich versuchte den Kopf der Queen aufzurichten.
Wie ging es danach weiter?
11 Tage nach ihrem Tod, am 19. September, war die Beerdigung der Queen. Dieser Montag war ein nationaler Bank Holiday, sprich, die Banken, Schulen und Geschäfte waren im ganzen Land geschlossen. Statt auf der Arbeit oder in der Schule, saßen die meisten vor dem 8-stündigen Livestream der Beerdigung der Queen. Ich selbst habe ihn mir mit meiner Gastmutter angeschaut. Faszinierend waren dabei die unglaublichen Menschenmassen, die man im Fernseher sehen konnte, von denen die meisten schon seit Stunden dort standen, um einen kurzen Blick auf den vorbeifahrenden Sarg der Queen erhaschen zu können. Am nächsten Tag in der Schule erzählten mir zahlreiche Mitschüler*innen, dass sie besonders den Moment, indem der Sarg der Queen in den Boden gelassen wurde, tief bewegend und tränenrührend fanden.
Somit hat sich das Vereinigte Königreich schon kurz nach meiner Ankunft drastisch verändert und eine neue Ära mit König Charles III. hat angefangen, von der ich mich freue, euch in den nächsten Monaten zu berichten.